Page 313 - Projektmanagement? - Unternehmensberatung!
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"Und Jonah, nun hör bitte genau zu, denn das wird wohl bei allen FMEA's falsch gemacht. Die FMEA
               selbst ist zwar oft völlig richtig, mit RPZ und so, aber, und das ist das große "Aber", aber die Maßnah-
               men werden nicht getrackt. Nicht nach Verantwortlich, nicht nach Datum. Früher hatten wir eine LOP-
               Liste, eine Liste-Offener-Punkte, aber auch die hat dann schwer nachgelassen, da derjenige der die
               FMEA moderiert hatte, einfach keine Zeit oder Lust mehr hatte oder was weiß ich. Jedenfalls hat man
               die Maßnahmenliste aus der FMEA nicht mehr verfolgt. Jonah, aber genau das müsste doch in den
               Projektplan, damit man das dann nicht vergisst, oder?"

               "Stimmt!", rief Jonathan. "Und dem FMEA-Moderator müsst man vorher noch mal kräftig die Ohren
               schrauben!"

               "Und dem Produktdesigner und den Prozessingenieur auch gleich mit!", sagte Josef.

               "Warum denn die auch?", fragte Jonah überrascht.

               "Weil der Konstrukteur für die Konstruktions-FMEA zuständig ist, das sagt doch schon das Wort, und
               das Gleiche gilt auch für den Prozess-Ingenieur, was die Produktions-FMEA betrifft, oder?", plärrte Josef
               Niederstetter.

               "Nah (Bayerisch: Nun aber), jetzt aber!", sagte Jonah, überrascht, warum Josef sich so erzürnte.


               Dann legte Josef Niederstetter los: "Schau, ..." sagte er, und holt ein Foto von seiner Tochter, die so um
               die 30 Jahre alt ausschaute, aus seiner Brieftasche, "... unsere Anna-Lena, - sie sitzt im Rollstuhl."

               "Oh, das hab' ich nicht gewusst, das tut mir leid!", entgegnete Jonathan betroffen.

               Dann begann Josef ein anderes Foto herauszu-
               kramen. Ein etwas verknittertes Foto, wo haupt-
               sächlich nur die Trittklappen eines Rollstuhls zu
               sehen waren. "Schau!", sagt er. "Wenn man die
               Trittklappen wegklappen will, und die Trittklap-
               pen sind nicht weit genug vorne, dann kollidieren
               die  mit  den  Vorderrädern.  Die  Folge  ist,  dass
               man dann über den plötzlich abgebremsten Roll-
               stuhl fallen kann. Ist mir schon zweimal passiert,
               hätte mir fast das Fußgelenk gebrochen. Hätte
               man die Trittklappe, das Kunststoffteil, für zirka
               2 cm bogenförmig ausgespart, dann würde das
               nicht passieren. Hier frage ich mich, ob der Pro-
               duktdesigner einfach nur "mal so" eine FMEA durchgeführt hat, nur damit er eine hatte, oder ob er oder
               sie eine FMEA, eine Fehlermöglichkeitsanalyse, überhaupt gemacht haben."

               Jonah schaut sich das Foto an und rief: "Oh je!", dann überlegt er kurz und sagte: "Josef, das war das
               eine, das ist bei der Produktkonstruktion passiert, aber die Frage für mich ist auch, warum hat man das
               nicht bei der Produktverifizierung bemerkt?"



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                                © Hans Porzel, 4/2025 | CAPM® (PMI), PSM I® (Scrum.org), Smartsheet Prod. Cert® 2020
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